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Justiz in alter Zeit - Teil 2

Um diese löcher zu erklären muss man etwas tiefer in die Materie Eintauchen. Richtschwerter waren schon immer von viel Aberglaube und Sagen umrankt. So wird beschrieben, dass man glaubte der Stahl nehme die Seelen der schlimmsten Sünden auf, und etwa nach hundert Schlägen sei die kritische Masse erreicht und das Schwert werde bösartig und gehe selber auf die Suche nach Opfern.
Wie auch das Göttliche, hat die Seele eine Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und heiliger Geist), und um diesen das Verlassen des Stahls zu gewährleisten, wurden diese drei Öffnungen gebohrt. Diese findet man noch an einer anderen Stelle. In alten Häusern unter den Dachgiebeln befinden sich oft die sogenannten "Seelenlöcher". Falls jemand in diesem Haus sterben sollte, kann sein Geist durch diese Öffnungen das Haus verlassen und so wird es in diesem Gebäude nicht Spuken.

Die Parierstange ist vornämlich gerade. Sie ist Unterschiedlich verziehrt und passt in Form und Material (Messing, Eisen) immer zum Knauf. Der Griff besteht aus Holz und ist mit verschiedensten Materialien umwickelt. Eisen und Kupferdraht fanden Verwendung, Leder, Rochenhaut oder wie im Alpenraum, sogar das rauhe Leder einer Kuhzunge.
Ein ehrlicher Bürger durfte ein Richtschwert niemals berühren, denn das würde ihn sogleich unehrlich und unrein machen und ihn den gesellschaftlichen Status eines henkers gleichstellen.
Die Enthauptung mit dem Schwert war eine schwierige Aufgabe die leider allzuoft misslang, besonders wenn sich ein Verurteilter wehrte oder durch Schwäche nicht richtig ruhig halten konnte. Der Delinquent kniete entweder auf einem Sandhaufen oder sass auf einem Stuhl mit niederer Lehne. Er war an Händen und Füssen gefesselt, die Hände vor dem Körper, in einer Stellung wie beim Gebet. Der Nacken wurde freigemacht, lange Haare abgeschnitten, so dass nichts die todbringende Klinge behindern konnte. Der Scharfrichter platzierte sich hinter dem Verurteilten, leicht versetzt, etwa hinter dem rechten (hinteren) Stuhlbein. Der Scharfrichter nahm Mass für die Distanz, verdrehte dann seinen Oberkörper, das Schwert aufgezogen und mit beiden Händen haltend wartete er auf das Zeichen des Schultheissen.


Sobald dieser den Schlag freigab, entlud sich die ganze Körperspannung wie eine entriegelte Feder und mit einem sogenannten "Rundhausschlag", führte der Scharfrichter die Klinge horizontal zum Hals. Der Kopf wurde an manchen Orten von einem Gehilfen oder von einem Sohn des Scharfrichters gehalten, eine nicht ungefährliche Aufgabe. Es wird auch von einem Ledergeschirr berrichtet, dass am Kopf befestigt und mit einem Seil gehalten einen grösseren Sicherheitsabstand des Gehilfen erlaubte. Der Kopf musste so vom Körper getrennt sein, dass ein Wagenrad hindurchging, also ganz abgetrennt sein. Gerne wird behauptet, der anatomisch kundige Scharfrichter habe am Hals die Stelle erkannt wo zwei Wirbel aufeinander treffen und die Klinge genau zwischen diesen durch die Wirbelsäule getrieben.
Im Anatomischen Museum in Basel ist das erste menschliche Präparat aufgestellt. Das Skelett eines enthaupteten. Der Schwerthieb hat einen der Halswirbel sauber durchschnitten. Geübt wurde an Kohlköpfen oder an eingefangenen streunenden Hunden. Eine sehr abenteurliche Übungsmethode wird von Scharfrichter Mengis behauptet; der habe einen Pfosten in den Boden getrieben, einen Strohhalm darauf gelegt und diesen unter ethlichem Publikum mit einem Schwerthieb der Länge nach gespalten. Dies muss angezweifelt werden, denn hätte Mengis den Strohhalm um nur wenige millimeter verfehlt, was bei einer Übung schon mal passieren kann, hätte er den Pfosten treffen können und so das teure Schwert (Jahreslohn von einem Handwerker) beschädigt. Misslang eine Enthauptung konnte dies gravierende Auswirkungen für den Scharfrichter zur Folge haben. Ein, zwei Fehlschläge, sogenannte "Patzer" waren nach einer gehörigen Rüge mitunter einem Bussgeld belegt, entschuldigt. Häuften sich diese Patzer allerdings und waren zudem noch auf Trunkenheit des henkers zurückzuführen konnte dies zum Verlust seines Amtes führen, oder im schlimmsten Fall den Zorn der Zuschauermenge auf sich ziehen, die dann das Schaffott stürmten und den unfähigen Henker an Ort und Stelle Steinigten oder mit Knüppel zu tode prügelten.

Es wird von einem Henker berichtet der 29 Schläge brauchte um die Enthauptung zu Vollziehen. Eine Hinrichtung war eine durchorganisierte Schau, die auch im Wandel der Zeit einigen Veränderungen unterlag. Unter den Glocken schlägen des armsünderglöckleins formierte sich ein vom Militär flankierter Umzug, bestehend aus Gerichtsleuten, Wachtpersonal, Delinquent, Geistlichen, Scharfrichter und Gehilfen die den Weg zum Richtplatz beschritten. Dort angekommen hatte jeder den ihm zugewiesenen Platz einzunehmen und die Zeremonie begann. 
Es wurde darauf geachtet dir Hinrichtung so eindrücklich wie möglich zu gestalten, so dass sie ein Leben lang in Erinnerung bleiben sollte. Oft wurde die Hinrichtung durch singende Orensschwestern oder einem Mönchschor begonnen, der Priester betete mit dem Verurteilten im Hintergrund. Die Gerichtsleute betraten das Podest/Schafott oder den Rabenstein (siehe Bild) und der Schultheiss verlas das Todesurteil.

Scharfrichter und Gehilfen betreteten die Plattform, darauf werden Priester und Delinquent heraufgeführt und dem Henker übergeben. Der Scharfrichter übernimmt den Verurteilten in dem er von hinten seine Hand auf seine Schulter legt und ihn somit vom Delinquenten zu seinem Patienten macht. Der Sünder hatte nun die Gelegenheit zum Volk zu sprechen. Nicht selten waren so um 20`000 Zuschauer anwesend, so muss man annehmen dass wohl nur ein kleiner Teil etwas davon mitbekommen hatte, was der arme Kerl auf dem Podest von sich gab.
Es wird von herzzerreissenden Geschichten und Bitten nach Verzeihung erzählt, die grosse Teile der Zuschauer zu Tränen rührte, aber auch lustiges wie ein Delinquent der sich über die grosse Zuschauerzahl freute und allen viel Vergnügen wünschte. Kinder und sogar ganze Schulklassen wurden angehalten der Hinrichtung beizuwohnen um zu sehen was mit einem geschieht, wenn er den Pfad der Tugend verlässt. Nun wurde dem Unglücklichen die Hände zusammengebunden, Hemdkragen und Haare wurden abgeschnitten. Das ganze wurde durch einen schleppenden Tackt mit gedämpften Trommeln begleitet und auch das Armsünderglöcklein war bis zum Fallen des Kopfes hörbar.

Als nächstes bat der Scharfrichter den armen Sünder um Verzeihung für das, was er ihm gleich antun würde. Nun wurden die Positionen für den Hauptakt eingenommen,manchmal kam noch eine Augenbinde für den verurteilten zum Gebrauch. Der Schultheiss gab mit dem Blutgerichtsstaab das Zeichen und der Scharfrichter schlug zu. Wenn alles gut ging fiel der Kopf beim ersten Schlag, und eine etwa 2 m hohe Blutfontäne schoss aus dem kopflosen Körper. Deer Henker trat nun vor den Schultheissen und fragte; "Habe ich recht gerichtet ?". Dieser hatte zu entgegnen; "Ja du hast recht gerichtet und deine Pflicht erfüllt." Passierte aber ein Patzer, hörte der Henker die Worte; "Du wirst dich dafür verantworten." (folgendes Bild illustriert, wie ein Scharfrichter unter Alkohol Einfluss mehrere Schwertstreiche verpatzt).
Nach dem Halsschnitt geschah dann seltsames, Zuschauer versuchten die Militärblockade zu durchbrechen um mit ihren Bechern das Blut aufzufangen. Im Vorfeld hatte man schon einige Epilepsie-Kranke vom Spital zur Richtstätte gekarrt und nahe am Blutgerüst hingesetzt. Denn das Blut hingerichteter galt als wirksames Heilmittel gegen so manche schlimme Krankheit. Viele Epileptiker erlitten aber auch durch den grausigen Anblick einen Anfall und kamen somit gar nicht in den "Genuss" dieser Arznei.
Der Kopf wurde in einem mit Sägemehl gepolsterten Korb gelegt und später am Galgen oder einem Balken vor dem Stadttor mit einem etwa 40 cm langen Nagel befestigt (siehe Bild rechts). Prominente Köpfe wurden sogar in einem eigens angefertigten Eisenkäfig ausgestellt. Der Körper wurde durch einen barmherzigen Mönch beigesetzt oder er diente dem Scharfrichter zur Weiterverarbeitung, zur Herstellung von Medizin und Zauberkram.


Das Amt des Vollstreckers entwickelte sich im 14/15.Jhdt. als sich mehr oder weniger einheitliche Gesetze durchsetzten wurden Hinrichtungen, wie bereits erwähnt, nicht mehr durch den Geschädigten oder der gesamten Hand durchgeführt.
Diese Aufgaben sollte eine eigens zu diesem Zweck angestellte Person erledigen. Es war allerdings nicht einfach, jemanden zu finden, der für Geld wehrlose Menschen tötete, die unter Umständen sogar aus dessen eigenen Umfeld stammten. So wurde oft in erster Instanz ein Sträfling, der meistens aus nichtigen Gründen eingekerkert wurde, vor die Wahl gestellt, entweder das Amt des Vollstreckers zu besetzen oder im Kerker zu verschimmeln.

Eine andere Methode um an einen Scharfrichter zu kommen war folgende; man legte ein Richtschwert gut sichtbar irgendwo auf einen öffentlichen Platz und der erste der es berührte war der neue Henker. Dieser Beruf konnte nicht mehr gekündigt werden und übertrug sich auch auf seine Familie, die man Schelmensippe nannte, und auf seine Nachkommen.


Der Beruf wurde also weiter vererbt und in Mitteleuropa entstanden desshalb regelrechte Scharfrichter Dynastien. Anfänglich lautete die Berufsbezeichnung Fronbote, später Freymeister, Nachrichter und schliesslich Scharfrichter. Die Bezeichnung Henker war eher ein Schimpfwort als eine Berufsbezeichnung. Das Amt brachte ethliche Nachteile mit sich. Er durfte kein Grund erwerben, kein öffentliches Amt bekleiden, in der Kirche hatte er den hintersten Stehplatz und war beim Abendmahl als letzter an der Reihe. Ein Wirtshaus
durfte er nur betreten nachdem er sich zu erkennen gab und keiner der anwesenden Gäste etwas dagegen hatte und dann auch nur an einem eigens für ihn bereitgestellten Tischchen mit dreibeinigem Stuhl. Seine Krüge und Becher waren an der Wand angekettet als Zeichen, dass man dem Henker nicht einmal ein Trinkgefäss anvertrauen kann und zum zweiten, dass ja niemand aus dem Becher trinke, der vom Henker zum Mund geführt wurde. Der Wein wurde ihm über die Hand eingeschenkt, was für einen ehrlichen Bürger einer Beleidigung gleich kam.
Er durfte sich nur unter Seinesgleichen bewegen und nur einer Tochter eines anderen Scharfrichters oder Abdeckers ehelichen. War keine heiratswillige Scharfrichter Tochter auf dem damaligen Heiratsmarkt, hatte der Henker die Möglichkeit eine verurteilte Missetäterin zu begnadigen, wenn sie seine Frau würde. Allerdings ist überliefert, dass zahlreiche Frauen den Tod einer Heirat mit dem Henker vorzogen. Er musste auffällige Kleidung tragen, anfänglich waren die Farben Rot und Grün Pflicht, später graue Mäntel und oben spitz zulaufende Hüte. Mancherorts wurden Glöckchen unter seinem Mantelkragen befestigt, dass man ihn schon von weiten her hörte und ehrbare Bürger die die Strassenseite wechseln und ihm somit aus dem Weg gehen konnten. Schliesslich setzte sich dann ein schwarzer Gehrock mit Zylinder oder Melone durch. Vor einer Hinrichtung wurde ihm zwar bei misslingen Straffreiheit zugesichert, in der Theresiana ist aber zu lesen, man sollte ihn trotzdem hart bestrafen, falls er die Hinrichtung nicht ordnungsgemäss vollstreckte.


Der Scharfrichter wurde als unrein und unehrlich im höchsten masse betitelt, was wie eine ansteckende Seuche betrachtet werden muss aus der immerwährendes Unglück resultierte. Man durfte einen Henker also nicht berühren, zuwinken, zuprosten oder auch nur etwas anfassen, was zuvor vom Henker berührt wurde. Es sind Fälle bekannt die mit einem Selbstmord endeten nachdem ein ehrlicher Bürger stark angeheitert dem Henker zuprostete und somit alle Privilegien eines freien Bürgers verlor. Der Scharfrichter war an der Spitze dieses Makels, es gab aber noch zahlreiche andere Bevölkerungs- und Berufsgruppen die diese schändliche Bezeichnung erdulden mussten.

Dazu gehörte der Nachtwächter, der Totengräber, der Zöllner, der Abdecker, der Schmied, Müller, Leinenweber, sogar die Hebamme, Fahrende, Musikanten und Hexen. Auch diese Leute durften vom ehrbaren Volk nicht berührt werden und dies ist nicht nur aus der Luft gegriffen, denn man befürchtete diese Leute könnten aus einem Gebiet kommen wo die Pest grassierte und man wollte sich natürlich vor einer Ansteckung bewahren.
Die Aufgaben des Scharfrichters beschränkten sich nicht nur auf Folter, Strafen und Hinrichtungen. Er war auch der Tierarzt der sich mit Viehseuchen auskennen musste, zudem wirkte er als Hundefänger, Kloakenreiniger, Pestbeulenaufschneider, Hurenweibel, musste Selbstmörder und Tierkadaver entsorgen und arbeitete auch als Arzt und Apotheker der armen Leute. Medizinische Kenntnise konnte er sich durch die wiederherstellung der Gefolterten aneignen, ausserdem glaubte man dass die strafende Hand auch heilen könne und das düstere Umfeld seines berufes verstärkte diesen Glauben umso mehr.
Meistens waren die Scharfrichter Frauen mit der Apotheke betraut, da wurde aber kein Aspirin und dergleichen angeboten. Die Medizin und Amulette stammten vornämlich aus ihrem Wirkungskreis. Angeboten wurden, Hundefett (adeps canis), Armsünderfett der hingerichteten (axung hominis), Knochen vom Galgenplatz, getrocknetes Blut, Schädelmoos, Hirnsalz, ein Span vom Rad oder Galgen, ausgeschlagene Zähne böser Menschen, Galgenstrick stücke oder den Lappen der zum säubern des Richtschwertes verwendet wurde.


Mit dem Verkauf dieser Dinge verdiente die Henkerfamilie oft mehr Geld als mit den Bestrafungen. Das Amt hatte natürlich nicht nur Nachteile. Der Henkerfamilie wurde ein Haus zur Verfügung gestellt. Dieses befand sich meistens ausserhalb oder aussen an der Stadtmauer. Weil man nicht wollte, dass die Schelmensippe das Badehaus aufsuchte und sich im selben Wasser wie die Ehrbaren wuschen, wurde in henkershäusern die ersten Badezimmer in Privathäusern gebaut. Von jedem Marktstand durfte er kostenlos soviel nehmen wie er mit beiden Händen halten konnte. Die Verkäufer waren allerdings nicht sehr begeistert wenn der Henker oder seine Frau ihr Ware berührten und nachher niemand mehr etwas von ihrem Marktstand kaufen wollte. Man hat sich schliesslich auf eine Holzkelle mit geschnitzten Händen geeinigt um den Problem entgegen zu wirken. Die gewitzten Henker fertigten diese Schöpfkellen aber in Übergrösse, was abermals zu Diskussionen führte.

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